Emerging Risks
Kläger Saúl Luciano Lliuya beim Gletschersee Palcacocha, der aufgrund der Gletscherschmelze im Zuge des Klimawandels größer wird. Foto: Walter Hupiu Tapia / Germanwatch e.V.
Auszug aus einer Kolumne für den Versicherungsmonitor. Den vollständigen Beitrag lesen Sie (mit einem Premium-Abo) hier.
Haftet ein Unternehmen für mitverursachte Klimarisiken?
Ja, sagt das Oberlandesgericht Hamm.
Das gelte angesichts der weltweiten Wirkung von freigesetzten Treibhausgasen auch für Schäden in der „globalen Nachbarschaft“.
Im Bild sehen Sie den peruanischen Bauer und Bergführer Saúl Luciano Lliuya am Palcacocha-See in unmittelbarer Nähe des Palcaraju-Gletschers auf 4,562 m Höhe. Er sieht sich wie 50.000 andere Menschen in der Risikoregion Huaraz unter der ständigen Bedrohung von Überflutungen und Erdrutschen durch das Abschmelzen der umgebenden Gletscher infolge des Klimawandels.
Er macht den deutschen Energiekonzern RWE als einen der größten Emittenten von Treibhausgasen in Deutschland mitverantwortlich und verlangt, dass RWE ihm die Kosten für Flutschutzmaßnahmen gemäß seinem Anteil an der Verursachung ersetzt, um sein Eigentum zu schützen.
Niederlage in der ersten Instanz - Paukenschlag in der Zweiten
Vor sieben Jahren verklagte Saul Luciano Lliuya den Energiekonzern in Deutschland. Das LG Essen wies die Klage in erster Instanz ab (Urteil vom 15. Dezember 2016 – Az. 2 O 285/15). In der Berufungsinstanz (Az. I-5 U 15/17) folgte der Paukenschlag: Das OLG Hamm machte deutlich, dass eine Haftung in Betracht kommt, wenn der Kläger die Tatsachen beweisen kann, die seinen Anspruch stützen.
Kernfragen
Es geht um zwei Kernfragen: Ist das Haus des Klägers tatsächlich gefährdet durch eine mögliche Flutwelle, und hat RWE durch die eigenen Emissionen diese Gefährdung (mit)verursacht?
Bemerkenswerte Beweisaufnahme
Zur ersten Frage fand Ende Mai eine bemerkenswerte Beweisaufnahme durch die deutschen OLG-Richter statt – in den Anden. Eine "eigene" Beweisaufnahme durch deutsche Berufungsrichter im Ausland ist ein Novum. Die Befunde der Beweisaufnahme werden jetzt ausgewertet. Die „Klimaklage“ gegen RWE geht damit in eine entscheidende Phase.
„Climate Change Litigation“ globales Haftungsrisiko
Die Anzahl der Prozesse im Zusammenhang mit behaupteten Klimaschäden steigt rapide. „Climate Change Litigation“ ist längst zum globalen Haftungsrisiko geworden.
Auch Versicherer und Rückversicherer beobachten die Entwicklungen in Sachen „Climate Change Litigation“ genau – zu Recht. Denn mit Blick auf den potenziellen (Haftpflicht)Versicherungsschutz bestehen relevante Fragen: Sind derartige Klimaklagen Versicherungsfälle im Sinn der Betriebshaftpflichtversicherung (Ziffer 1.1 AHB)? Sind Schäden oder Abwehrkosten versichert? Welche Verantwortung (und Haftung) trifft gegebenenfalls die Unternehmensleiter? Denn die Ansprüche richten sich nicht mehr vordringlich gegen Staaten. Vermehrt stehen Unternehmen im Fokus – und damit letztlich auch Unternehmensleiter.
Ihr Ansprechpartner:
Cäsar Czeremuga, LL.M.
Rechtsanwalt I Partner
Master of Insurance Law
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